Mehrwertsteuersenkung für ITK-Unternehmen - Fluch oder Segen?

20.07.2020
Falk Birkner

Mehrwertsteuersenkung für ITK-Unternehmen – Fluch oder Segen?

Das Konjunkturprogramm der Bundesregierung mit der darin verankerten Mehrwertsteuersenkung soll Konsumenten finanziell entlasten und die Wirtschaft ankurbeln. Doch wie sich in der Umsetzung nun zeigt, bringt diese Senkung gerade Software-Unternehmen, IT-Distributoren und Fachhändlern einen enormen Mehraufwand.

Woran liegt das?

Software wird in der Regel über Lizenzverträge an Fachhändler und deren Kunden vertrieben. Diese Lizenzen gibt es in unterschiedlichen Laufzeiten: von einem Monat bis hin zu fünf Jahren. Ebenso werden Wartungs- und Supportverträge über einen bestimmten Zeitraum abgeschlossen. Und genau hier ist der Knackpunkt, der für so manches Unternehmen einen enormen Verwaltungsaufwand darstellt und sogar existenzbedrohend sein kann.

Die Senkung der MwSt. von 19 auf 16 Prozent hat weitreichende Auswirkungen für laufende Lizenzen. Denn laut Steuerberaterverband heißt es: „Aus der Gültigkeit der verminderten Steuersätze bis zum 31.12.2020 ergeben sich Änderungen für Jahresleistungen, beispielsweise für Lizenzen. Da diese Leistungen mit Ablauf des vereinbarten Leistungszeitraums als erbracht anzusehen sind, gilt für diese der verminderte Steuersatz des Übergangszeitraums. Dies gilt selbst dann, wenn die Zahlung für das gesamte Jahr bereits vorab geleistet wurde. Insoweit ist eine Anpassung der Zahlung und der Rechnung erforderlich.“

Was bedeutet dies nun für die Unternehmen sowie die gesamte Lieferkette?

Dient tatsächlich der Ablauf der Lizenzlaufzeit als Bemessungsgrundlage, steigt der Aufwand in jedem Unternehmen, das mit Laufzeiten arbeitet, ins Maßlose. Leistungen und Lizenzen, die im Zeitraum vom 1. Juli bis 31.12.2020 enden, müssen neu fakturiert oder mit Gutschriften für die reduzierte Mehrwertsteuer geändert werden. Diese Änderung muss durch die gesamte Verkaufskette vollzogen werden. Das bedeutet vom Software-Hersteller über die IT-Distribution und Fachhändler muss jeder eine Gutschrift für diesen Zeitraum in 2020 erstellen.

Ein Aufwand, der gerade kleinere und mittelständische Unternehmen vor einen enormen Kraftakt stellt und in Zeiten der Pandemie und den damit verbundenen Umsatzeinbrüchen personaltechnisch nicht umsetzbar ist.

Wir wollen auf diesen Missstand aufmerksam machen. Sind Sie mit dabei?

Unten aufgeführt finden Sie ein von uns verfasstes Schreiben an die Bitkom, um auf die Problematik und Dringlichkeit aufmerksam zu machen, damit diese Regelung für bereits gestellte Rechnungen aufgehoben wird. Machen Sie mit!

Hier der Brief an Bitkom

Missstand in der deutschen Software-Industrie durch Umsatzsteuerumstellung

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte sie auf einen erheblichen Missstand in der Software-Industrie in Deutschland aufmerksam machen, der durch die Umstellung der Umsatzsteuer von 19 auf 16 % verursacht wird.

Wir, die Collax GmbH, entwickeln Software im Bereich der Serverinfrastruktur für den deutschen Mittelstand und die Gesundheitswirtschaft. Wir erzielen unsere Erlöse durch jährliche und mehrjährige Software-Subskriptionen sowie Supportverträge.

Laut meiner Wirtschaftsprüferin bin ich nun verpflichtet, alle Ausgangrechnungen, deren Leistungszeiträume zwischen dem 1.7. und dem 31.12.2020 enden, zu korrigieren, und dem Kunden drei (3) % Differenz gutzuschreiben. Das gilt auch, wenn die Rechnung z. B. vor 3 oder 5 Jahren erstellt wurde, was bei uns regelmäßig der Fall ist. Schätzungsweise sind das bei uns – einer Firma mit einer guten Million EUR Umsatz und 15 Mitarbeitern – schon 600 bis 800 Rechnungen.

Die notwendigen Arbeiten umfassen die Teilgutschriften dieser Rechnungen mit manuellen Berechnungen. Dazu gehören Laufzeitanpassungen, den Restlaufzeiten entsprechenden Preisen, Erstellung der Gutschrift, Versand per E-Mail, auch teilweise Ausdruck und Versand per Post. Einige Gutschriften werden dabei den Wert von 1,00 EUR nicht überschreiten.

Die Gutschriften werden dann an unsere Kunden, in der Regel die deutsche IT-Distribution, gestellt und dort wird wiederum eine Gutschrift an den Fachhändler erstellt. Danach erstellt dieser wiederum eine Gutschrift an den Endkunden, der in der Regel aber auch vorsteuerabzugsberechtigt ist. Also, keinerlei Effekt.

Diese Regelung gilt für alle Software-Unternehmen, die ihre Software als Subskriptionslösung mit einer Jahres/Halbjahres oder Quartalsrechnung berechnen. Aber auch alle Unternehmen die Wartungs- und Supportverträge in ähnlicher Weise fakturieren. Das beginnt bei Microsoft und endet bei dem kleinen IT-Ein-Mann-Fachhändler “um die Ecke”.

Der Aufwand steht in keinerlei Zusammenhang mit etwaig entstehenden Vorteilen – wenn es überhaupt im B2B-Bereich welche gibt. Man muss nicht wirklich polemisch werden, um das Ganze eine Schnapsidee zu nennen.

Ich möchte Sie nachdrücklich bitten, Ihre Kontakte zur Bundesregierung zu nutzen um unsere Industrie vor hunderttausenden von zusätzlichen Arbeitsstunden – inmitten einer Pandemie - zu bewahren.

Ich bedanke mich im Vorfeld für Ihre Bemühungen und freue mich auf Ihre Antwort.

Ich sende Ihnen freundliche Grüße nach Berlin.